Montag, 27. August 2018

Hinfort in Fjord

Die Winery stellte sich als alles andere als einladend heraus und der dort gereichte Wein hätte als Putzmittel oder Frostschutzmittel mehr seinen Namen verdient, als als Wein. 



Egal, die Bedienung war von kaum zu übertreffender Motivation ergriffen und kredenzte uns einen Wein-Sampler, den sie umgehend auf der Rechnung vergessen hat. Soll uns recht sein, hier gilt ganz klar "geschenkt ist noch zu teuer".

Twillingate hatte aber noch einen bodenständigen Pub in dem uns der örtliche Musiker noch 1-2 nette Stunden bereitete, ehe wir uns mental auf unsere nächsten Wanderungen am Folgetag vorbereiteten.

Die hier prognostizierten Wanderzeiten entsprechen leider nicht unserem Tempo, weshalb wir in der Regel nach knapp der Hälfte der Zeit bereits alles erledigt haben. So sollten wir auch an diesem Tag um 11:30 Däumchen drehend rumsitzen und uns fragen, was der Tag noch bringt.






Unsere Gastgeberin empfahl natürlich eine Ausfahrt aufs Meer und köderte uns mit der Tierwelt und schönen Aussichten. Naja mit den Aussichten ist es so ne Sache - Steilküste bleibt Steilküste, ob nun in Bonavista, Twillingate oder Rügen ... aber zu ihrem und unserem Glück sollte sich ein Finnwal zu uns gesellen und damit einen versöhnlichen Abschluss bereiten.





Am folgenden Tag fuhren wir zu unserem Hauptziel der Reise, dem Gros Morne Nationalpark. Im tiefsten Westen Neufundlands und quasi ein Ausläufer der Appalachen. Da die Tour von Twillingate nach Gros Morne etwas länger ausfiel, hatten wir einen indirekten Ruhetag und erkundeten mit dem Auto die Umgebung, ehe wir am nächsten Morgen die Besteigung des Gros Morne in Angriff nahmen.







Uns erschien es generell sehr diesig im Park und es sollte auch in den nächsten Tagen nicht besser werden. Inzwischen wurde uns auch eine Erklärung für das Wetter bzw. die unklare Sicht geliefert.

Der Rauch der Waldbrände aus dem westlichen Kanada zieht komplett über Neufundland, bis hin nach Irland. Dies hat zur Folge, dass eine Besteigung des Gros Morne relativ unsinnig ist, da die Sicht vom Gipfel nicht besser ist, als die vom Fusse des Bergs. Die Entscheidung nicht auf den Gipfel zu steigen, trafen wir allerdings erst nachdem wir bereits knapp 4 km über Stock und Stein gewandert waren und mal rasch 350 Höhenmeter gut gemacht hatten. Im Nachgang keine Entscheidung die wir bereuen müssen.







Anstatt auf den Gipfel, wanderten wir die Tablelands, eine wüstenartige Mondlandschaft, ab. Besonderheit der Tablelands ist die Tatsache, dass die tatsächliche Erdkruste hier zum Vorschein kommt. 










Nach guten 16 Kilometern in den Beinen bei knapp 25 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von über 60% beschlossen wir unsere Schuhe an den Nagel zuhängen. Das Wetter liegt im Vergleich zum Vorjahr hier aktuell 10 Grad über dem Durchschnitt (15-16 Grad). Selbst in der Nacht wurde es nicht kühler als 16 Grad. 

Wenn man bedenkt, dass am 26.06 hier noch Schnee lag und nun quasi tropische Temperaturen herrschen, kann man sich nur an den Kopf fassen.

Apropros Schnee, Temperaturen und an den Kopf fassen. Das Highlight des Parks haben wir heute bereist.

Der Western Brook Pond, ein Fjord, der im Laufe der Zeit seine direkte Verbindung zum Atlantik verloren hat und seitdem ein Süßwassersee mit der reinsten Wasserqualität ist. Die tiefste Stelle liegt bei knapp 165m und die höchste wiederum bei knapp 600m.
















Mit diesen Bildern verabschieden wir uns aus Gros Morne. In den nächsten beiden Tagen werden wir uns wieder Richtung Osten begeben. 

Donnerstag, 23. August 2018

An der Klippe mit der Kippe

Der Start unserer Reise bedeutete zugleich auch die Flucht aus der Zivilisation. Wo in St. Johns noch Kneipen und Restaurants Tür an Tür waren, sollten wir in den nächsten Tagen eine gewisse Exklusivität bezüglich der Versorgung mit Nahrungsmitteln erfahren. Aber der Reihe nach.

Montag wurden die Pferde gekoppelt und es ging über den Trans-Canada-Highway erst Richtung Süd-West, um dann komplett in den Norden in ein kleines Örtchen Namens Bonavista zu fahren.

Die Fahrten auf kanadischen Autobahnen sind tiefenentspannend und bürgen keine Gefahr einen cholerischen Anfall zu bekommen oder Todesängste auszustehen. Lediglich das Tempolimit scheint eine reine Orientierung zu sein, da jeder der nicht mindestens 15 km/h schneller als erlaubt fährt, überholt oder geschnitten wird.

Der Weg nach Bonavista wurde immer wieder von kleineren Gemeinden unterbrochen, jedoch hatten die weder aktuell noch jemals in der Vergangenheit etwas zu bieten ... Tristesse pur und somit eigentlich auch sehr schön und ruhig.

Die Botaniker und Ornithologen hätten hier ihren Spaß, als Großwildjäger kommt man hingegen weniger auf seine Kosten, da diese Gegend hier vorrangig von seiner Umgebung und nicht der vierbeinigen Population lebt.

Ein kleiner Rundgang durch die Umgebung vermittelte das Bild eines kleinen verschlafenen Fischerortes und der Augenschein sollte nicht trügen, wie wir kurze Zeit später feststellen sollten, als die Frage nach einer Lokalität für den Abend aufkam. Sage und schreibe 7 Restaurant gab es, wobei 6 davon die identische Karte anboten ... frittierter Fisch, frittiertes Hähnchen und frittiertes Alles.



Die Kulinarik stand also nicht im Vordergrund und so gaben wir uns dem lokalen Fastfood hin, in der Hoffnung am Abend noch etwas Live-Musik in unserer Unterkunft genießen zu können, schließlich prangte ein großes Schild mit eben dieser Ankündigung an der Tür.

Denkste Puppe - das Schild ist scheinbar ein Daueraufsteller und hat keinerlei Aussagekraft und dient lediglich dem Bauernfang. Also bei Zeiten ins Bett, um am nächsten Morgen nach einem schlechten Kaffee und noch minderwertigeren Essen in den Tag zu starten.

Wir schwangen uns auf ein kleines Bötchen und schipperten knapp 2,5 Stunden vor der Küste entlang, in der Hoffnung vlt. einen Wal bestaunen zu können - negativ.





Nach der ganzen Ernüchterung wählten wir einen Wanderweg an der Steilküste um unseren suizidalen Moment ggf. in die Tat umsetzen zu können.

Bevor wir jedoch die passende Klippe für uns auf der knapp 4 Kilometer langen Strecke ausmachen konnten, erblickten wir am Horizont auf einmal Fontänen die aus dem Wasser stiegen. Also ab an die Klippe, Kippe raus und Wale bestaunen. Auch wenn es aus einiger Entfernung nur möglich war, war es dennoch erneut beeindruckend diese gigantischen Tiere zu sehen.

Aufgemuntert von dem gesehenen wanderten wir weiter, ehe wir noch hunderte Papageintaucher, das Wappentier von Neufundland, bewundern konnten. Eine kleine niedliche Mischung aus Pinguin und irgendwelchen Vögeln. Super flink, aber halt auch super putzig.








Den Tieren sei Dank, konnte der Suizid noch einmal verschoben werden und wir beendeten das Kapitel Bonavista am nächsten Morgen mit einem erneut unterirdischen Essen, ehe wir uns weiter gen Westen nach Twillingate aufmachten.

Der Weg führte uns durch den Terra-Nova-Nationalpark. Paradoxerweise handelt es sich um einen Nationalpark und dennoch geht der Trans-Canada-Highway direkt hindurch ... irgendwie komisch.









Wir lagen sehr gut in der Zeit, da es so etwas wie Stau auf Neufundland scheinbar einfach nicht gibt und so blieb Zeit für 1-2 Wanderungen und Besteigungen der umliegenden Gipfel.

Am Abend erreichten wir Twillingate und ließen den Tag im örtlichen Pub bei neufundländischer Folk-Musik ausklingen.

Heute standen dann etwas sportlichere Wanderungen an der Steilküste an, ehe wir nun den Abend in der örtlichen Winery ausklingen lassen. Die Neufundländer haben ein massives Alkoholproblem und haben daraus eine Tugend gemacht und in vielen noch so kleinen Orten Micro-Brewerys oder Winerys eröffnet um eine Entschuldigung für den übermäßigen Konsum zu haben ... support your local business ;)